2 – Stress

№ 2

Durch Stress in der Notaufnahme gelandet

Heutzutage müssen wir nicht mehr vor dem Säbelzahntiger weglaufen, aber was stresst uns dann? Heute geht es um Auslöser, Symptome (z.B. starkes Schwitzen, Herzrasen, Muskelverspanungen), Langzeitfolgen und Präventionsmaßnahmen.


Herzlich Willkommen zu einer neuen Folge von mind me – Dem Podcast über die Facetten der Depression. Wir sind Mia und Hannah. Wir wollen nochmal darauf hinweisen, dass wir keinen medizinischen Hintergrund haben und lediglich unsere Erfahrungen und Meinungen teilen. Wir möchten Betroffenen Mut machen und sie wissen lassen, dass sie nicht alleine sind.

Hannah: Mia, du hast mir vorhin gesagt, dass du mir von deinem Tag erzählen wolltest. Ist irgendwas besonderes passiert?

Mia:  Mia: Mein Tag war sehr stürmisch. Ein auf und ab. Es waren wirklich Höhen und Tiefen der Gefühle. Ich bin ich mit der Bahn zu Ikea gefahren und wir wissen beide, dass sie Zuganbindung hier in der Stadt, in der ich lebe für den Arsch sind. Somit habe ich zwei Stunden mit Bus und Bahn gebraucht um zu Ikea zu kommen.

Hannah: Ich weiß gar nicht was du hast. Das klingt nach einer entspannten Reise.

Mia: Ja klar, super entspannt. Es war der reinste Wellnessurlaub. Dann habe ich mir mein Paket dort abgeholt. Das war ein Spiegel, 1,60m hoch. Ich dachte mir, da ich ja ein gutes Stück größer bin, dass es kein großes Problem sein wird. Da ich vor zwei Wochen umgezogen bin, hatte ich auch zum Glück noch die Sackkarre meiner Eltern. Der Spiegel war doch irgendwie größer, breiter und schwerer als gedacht und damit musste ich mich dann irgendwie in den Bus und die Straßenbahn reinquetschen. Die Straßenbahnen hatten auch noch zwei bis drei Stufen nach oben. Da habe ich mir selbst gedacht: „Du Nuss. Warum machst du sowas immer, wenn du kein Auto hast? Warum wartest du nicht, bis dich jemand mit einem Auto besucht?“

Und dann war ich schon so ein bisschen genervt von mir selbst, dass bei mir immer alles sofort geschehen muss. Heute sollten dann noch zwei Pakete geliefert werden. Da gab es eine kurze Verwirrung von dem Postboten, da ich ja von einer WG in ein Einzelapartment gezogen bin. Ich habe mich aber sehr gefreut, da ich mir zwei Bücher und Wolle bestellt habe – vom Geld, dass ich nicht habe.  Des Weiteren war ein Brief von den Stadtwerken in meinem Postkasten. Diese wollten für fünf Tage Stromlieferung 140€ haben. (Dramatische Pause)

Ich habe dann direkt da angerufen und das geklärt. Somit lag schon voll die Tour hinter mir und ich war einfach nur noch genervt und gestresst. Ich habe das Gefühl, dass mich so etwas immer trifft. Sprich Probleme mit dem Strom oder mit dem Vermieter. Im Endeffekt hat sich alles geklärt und ich bin super happy über die Wolle und den Spiegel.

Hannah: Also ich kann auch echt verstehen, dass das stressig war. Ich muss mir grade bildlich vorstellen, wie du mit dem1,60m Spiegel in die Bahn einsteigst. Es ist immer so lustig, wenn Menschen große Sperrige Gegenstände durch die Gegend bringen. Natürlich ist man neugierig und schaut, was die dort haben. Ich weiß jedoch nicht, ob ich mich das getraut hätte. Es ist so sperrig, man kommt überall gegen und alle schauen einen an.

Mia: Das ging eigentlich, aber mich hat dann so ein Opa angerempelt, der an mir vorbei wollte. Statt einfach etwas zu sagen, rempelt er mich nur an. Ich dachte mir nur: „Nur helfenden Menschen kann gesprochen werden.  

Hannah: Diese Weisheit wollte ich schon immer höheren! (Gelächter)

Mia: Nur sprechenden Menschen kann geholfen werden.

Ich hatte ja eben auch noch gesagt, dass ich umgezogen bin. Dieser Umzugsstress hängt mir auch noch so ein bisschen nach. Da ich hier noch relativ neu in der Wohnung bin, ist alles noch nicht fertig. Meine Wohnung ist noch relativ leer und gerade durch den Lockdown kann ich mir natürlich auch keine Sachen besorgen. Ich kaufe meine Sachen nämlich lieber vor Ort, als online.

Hannah: Kann ich total gut nachvollziehen. Bei mir ist es ganz ähnlich. Ich suche die ganze Zeit schon Klamotten für meine neue Arbeitsstelle und ich wollte mir einfach nur eine Hose kaufen. Ich finde es leider sehr anstrengend online zu shoppen, weil ich so eine schwierige Körperform habe. Oben schmal, unten breiter. Ich brauche immer größere Hosen und dafür schmalere Oberteile. Und Hosen passen mir dann auch schwer.

Mia: Ja, das ist super, super anstrengen. Aber ich muss sagen, Corona bzw. der Lockdown zwingt mich momentan ein bisschen in die Knie. Ich bin noch sehr neu in der Stadt und habe keine Möglichkeiten neue Leute kennenzulernen. Also ich mache wirklich nichts anderes als Unikram. Dann noch ein paar Kreativarbeiten, Serien gucken, Podcast hören und spazieren gehen. Meine einzigen Kontakte sind wirklich bei der Arbeit. Am Anfang fand ich das überhaupt nicht schlimm, aber jetzt mittlerweile merke ich schon, dass mich das doch belastet. Und ich merke auch immer, wenn wir über Zoom miteinander sprechen, dass es mir danach besser geht. Einfach ein bisschen quatschen, auch wenn es jetzt nicht in Person ist.

Hannah: Am Anfang hatte man total das Gefühl, dass das entschleunigt, also, dass die ganze Welt ein bisschen gebremst wird. Aber in letzter Zeit fühle ich mich so gestresst, weil man das Gefühl hat, man kann nicht das tun, was man gerne tun möchte. Dann baut sich innerlich irgendwie einen Konflikt auf.

Mia: Ja. Vor allem bei Menschen die sowieso schon Probleme mit der Psyche haben. Du kannst dann halt auch nicht alles machen, was dich in dem Moment glücklich machen würde. Also wenn dich jetzt zum Beispiel Sport glücklich mach, kannst du natürlich raus joggen gehen oder auf irgendeinem Spielplatz. Dort kannst du vielleicht ein paar Fitnessübungen machen. Aber wenn du jetzt wirklich Hobbies wie Schwimmen oder Handball hast, dann wird das nichts.

Wir wollen heute über Stress mit euch reden. Und zwar habt ihr das ja eventuell schon jetzt aus unserem Gespräch entnehmen können oder wahrscheinlich auch im Titel lesen können. Aber was ist Stress eigentlich genau?

Stress ist eine erhöhte körperliche und oder seelische Anspannung oder Belastungen, die bestimmte Reaktionen hervorrufen und zu Schäden führen kann. Wie zum Beispiel geschwächtes Herz-Kreislauf-System, Magen-Darm-Beschwerden, Diabetes, verspannte Muskulatur, Verstärkung von Hautkranken uvm.. Also da gibt es wirklich eine Reihe an Krankheiten, die davon hervorgerufen werden können. Das ist natürlich eine sehr sachliche und sehr allgemeine Definition. Aber vielleicht hast du ja noch eine andere für uns, die du gerne mit uns teilen würdest

Hannah: Ja, ich fühle mich natürlich bei dem Thema absolut angesprochen und ich habe auch meine eigene Erklärung dafür. Und zwar ist Stress für mich einfach der absolute Killer. Also es ist hart, aber es ist tatsächlich so. Stress ist an sich natürlich gut, aber versteht mich nicht falsch.

Also, Stress ist gut. Früher, wenn ein Säbelzahntiger aus dem Gebüsch springt und angreift musstest du weglaufen. Adrenalin wird im Körper freigesetzt und du bist leistungsbereiter. Das benötigst du zum wegrennen. Beim dem Wegrennen baust du aber das Adrenalin jedoch auch direkt wieder ab. Dann bist du hoffentlich sicher vor dem Säbelzahntiger geflüchtet. Aber was ist denn in der heutigen Zeit? Es gibt ja jetzt keine Säbelzahntiger mehr, wenn mich nicht alles täuscht. Und wir kommen aber trotzdem noch in stressige Situationen. Aber diesmal müssen wir nicht wegrennen und so baut sich das Adrenalin natürlich nicht ab, und der Körper kommt nicht mehr runter.

Für mich bedeutet Stress ein kurzer Moment von Leistungsfähigkeit, aber danach in ein tiefes Loch zu fallen. Was das mit dem tiefen Loch auf sich hat, werde ich gleich noch erklären. Viele Menschen erholen sich auch wieder gut von stressigen Situationen, aber wer sich schon sehr häufig mit dem Thema Stress auseinandersetzen musste, der kennt das mit dem tiefen Loch auch.

„Durch den Stress, wurde ich chronisch krank und falle immer wieder in tiefe, schwarze Löcher.“

Hannah

Mia: Ich beispielsweise habe gar nicht so viele Berührungspunkte mit dem Thema Stress, beziehungsweise im normalen Rahmen. Ausgelöst durch zum Beispiel eine Klausurenphase oder Alltagsdinge. Aber wie genau sind deine Erfahrungen oder Auslöser? Kennst du dich und dein Verhalten in Stresssituationen so gut, dass du das für dich herausfinden konntest?

Hannah: Ja, ich kann da natürlich echt ein Lied von singen. Ich wollte jetzt auch ein paar Situationen nennen, wo ich mich gestresst fühle. Es ist alleine schon beim Einkaufen in vollen Läden. Das kennen aber wahrscheinlich auch die meisten Leute. Ich fühle mich aber auch gestresst beim Smalltalk mit Bekannten und Freund:innen die ich zufällig treffe. Auch im Studium habe ich oft gemerkt, dass ich so ein hohes Maß an mich selber gesetzt habe. Das hat mich natürlich unheimlich gestresst. Bei der Arbeit, also wenn viele Aufgaben anstehen, war ich auch gestresst, aber das ist für mich anderer Stress. Den kann ich wahrscheinlich persönlich einfach besser verarbeiten.

Wie ich sagte, ist Stress für mich ein sehr großes Problem. Aber ich unterteile Stress auch in verschiedene Arten. Für mich gibt es zum Beispiel den Arbeitsstress, den Studiumsstress, Streit und Stress auf zwischenmenschlicher Basis. Das resultiert aber natürlich alles darin, dass Cortisol im Körper ensteht. Durch die Unterteilung fällt es mir leichter die Herkunft des Stresses zu bestimmen und das besser zu verarbeiten und wissen wie ich in Zukunft damit besser umgehen kann.

Mia:  Ja. Du hast gerade gesagt, dass du dich gestresst fühlst, wenn du zufällig Bekannte und Freund:innen auf der Straße triffst. Das sind ja eigentlich Sachen über die man sich meistens freud. Was genau stresst dich jetzt daran? Den Schul- und Arbeitsstress kenne ich, aber diesen zwischenmenschlichen Stress habe ich noch nie gehört. Vielleicht kannst du dazu ja nochmal was sagen.

Hannah: Ja, also ich denke jeder Mensch kennt stressige Situationen und Phasen. Es gibt aber immer Leute die nciht so stressresistent sind. Oft neigen Perfektionisten, ängstliche und selbstkritische Menschen dazu sich vom Stress überwältigen zu lassen.

Auch wenn es bei dir jetzt noch nicht so ist, dass kommt bestimmt noch. (Gelächter)

Mia:  Shit! (Gelächter)

Hannah: Die Situation, wenn ich Leute im Supermarkt oder auf der Straße treffe ist einfach bei mir auch mit Angst verbunden, weil ich mich dann unwohl fühle oder Angst habe, nichts mehr zu sagen zu können. Auch habe ich Angst davor, dass die mir irgendwelche plötzlichen Fragen stellen könnten, die ich dann nicht beantworten kann.

Ich fühle mich zum Bespiel auch besonders gestresst, wenn jemand sauer auf mich ist oder ich etwas falsch gemacht habe. An den Tagen, kann ich dann meistens an nichts anderes denken und ich merke einfach wie mein Stresslevel ansteigt. Es fühlt sich so an, als würde es vom Magen hochsteigen, über die Brust bis zum Hals. Dann sitzt mir dort dieser bekannte Kloß im Hals. Ich merke, wie sich das wie ein Virus komplett im ganzen Körper ausbreitet. Dann habe ich natürlich auch einige Körpersymptome die damit einhergehen.

Mia: Hast du vielleicht schon Erfahrungen mit den Symptomen gemacht, die ich eben schon genannt habe? Wie Diabetes, eine verspannte Muskulatur, Magen-Darm-Beschwerden oder Verstärkung von Hautkrankheiten?

Hannah: Leider schon. Durch den ganzen Stress die letzten Jahre habe ich leider eine chronische Gastritis entwickelt. Das ist eine Magenschleimhautentzündung. Dazu habe ich generell Magen-Darm-Probleme. Ich muss auch immer Dinge substituieren, die meine Darmflora wieder in Gang bringen. Dadurch habe ich leider auch einen ständigen Mangel an Vitaminen, weil mein Magen und mein Darm nichts mehr wirklich aufnehmen kann. Deswegen muss ich mir zum Bespiel regelmäßig Vitamin B spritzen.

Ich habe durch den Stress auch gemerkt, dass mein Immunsystem ganz oft abgeschwächt ist. Ich habe dazu später auch eine kleine Story mitgebracht. Also wie ein Tag bei mir aussieht, wenn ich Stress hatte und das Stresslevel wieder ein bisschen abflacht.

Mia: Ich finde es schon krass, dass du allein durch den Stress schon diese körperlichen Symptome hast. Wie zum Beispiel die Magen-Darm-Probleme und der Vitaminmangel. Das zieht ja am Ende noch mehr mit sich, wenn dein Körper einen Vitaminmangel hat, dann bringt das ja nochmal neue Probleme mit sich.

Hannah: Ganz genau. Das ist tatsächlich so. Ich gebe mir auch sehr viel Mühe bei meiner Ernährung und versuche mich sehr gesund zu ernähren. Ich habe auch eine Weile auf Kaffee oder Zucker verzichtet um meinem Körper auch was gutes zu tun. Generell habe ich schon sehr viele Sachen ausprobiert, wie Meditaion und Sport. Da komme ich aber gleich noch zu, was einem dabei helfen könnte.

Mia: Da bin ich gespannt!

Hannah: Bei Stress, weiß ich natürlich auch, dass ich Leistungsfähiger bin. Wenn ich Stress habe, ist das gar nicht das Problem. Das klingt komisch, aber die akute Stressepisode ist bei mir nicht das Problem.

Mia: Sondern eher der Nachgang?

Hannah: Genau. Es wird erst ein Problem, wenn der Stress abflacht. Aber das hat man auch erst später richtig herausgefunden. Wenn man ab und zu mal stressige Phasen hat, dann fällt man nicht direkt in ein tiefes Loch. Wenn man immer die Signale des Körpers missachtet hat, dann kommt das irgendwann. Dann gibt einem der Körper gerne die Quittung zurück.

Mia: Das staut sich dann irgendwie auf nach einer Zeit und irgendwann kann der Körper halt auch nicht mehr.

Hannah: Absolut. Ich muss dazu auch sagen, mein toxic-trade ist das ich bei Stress dazu neige auch noch Energydrinks oder Kaffee zu trinken. Also etwas koffeinhaltiges. Somit pushe ich mich selber ganz oft zum Limit meines Körpers. So weit bis ich zitter, verschwommen sehe und schwindel habe. Meine Kniee fangen an zu zittern und niemand kann mir in dem Moment helfen. Wenn mir dann jemand sagt: „Hannah, setz dich mal hin. Du braucht ein bisschen Pause!“. Dann kann ich das in dem Moment auch nicht annehmen – ich bin dann so leistungsbereit wie eine Maschine.

Mia: Ich wusste gar nicht, dass es so krasse Auswirkungen haben kann. Ich dachte immer die Leute stehen innerlich unter Strom und sind dann halt leistungsbereiter, aber das es so krass ist, wie du gerade beschrieben hast, wusste ich gar nicht.

Hannnah: Ich denke, da kommen noch ein paar nette Informationen, die du noch nicht wusstest. Sei gespannt.

Ganz schlimm war das zum Bespiel auch im Studium. Da hat das ganze Thema auch seinen Ursprung. Der Stress fraß mich im Studium einfach innerlich auf. Ich lag im Bett, zu müde um den Tag zu bestreiten. Aber mein Puls war bei 100, weil ich innerlich so gestresst und selber von mir enttäuscht war, dass ich gerade mein Leben nicht hinbekomme. Obwohl ich psychisch krank war. Ich konnte nicht anders.

Mia: Wusstest du zu dem Zeitpunkt das du psychisch krank warst oder warst du einfach nur von dir enttäuscht?

Hannah: Nein. Ich habe nicht mehr viel mitbekommen. Ich war wie in Trance und das war ganz seltsam. Tatsächlich habe ich auch gar nicht mehr so viel Erinnerungen daran, aber ich weiß, dass ich immer dieses Herzrasen hatte, obwohl ich nur im Bett lag. Einmal hatte ich ein Langzeit-EKG. Das geht ja auch immer über den Tag und die Nacht. Da wurde dann mein Puls aufgezeichnet, weil der immer so hoch war. Dann sagte der Arzt auch: „Was haben Sie denn um 23 Uhr noch gemacht?“. Ich sagte, dass ich im Bett lag und versucht habe zu schlafen. „Ihr Puls war dort bei 130.“. Wir waren uns beide einig, dass das nicht so gesund klingt. Ich kann das Gefühl auch kaum beschreiben. Es tut in der Brust weh und es ist ein innerlicher Konflikt der einen zerreißt.

Wenn ich es mal geschafft habe aufzustehen und in die Uni ging, dann wippelte ich so lange mit meinem Bein, bis mein Sitznachbar mich darauf aufmerksam gemacht hat. Außerdem schwitze ich bei Unterhaltungen so sehr, dass mir der Schweiß am Rücken runtergetropft ist oder meine Stirn nass glänzte. Kleine Geschichte: Ich war mal in einem Gespräch mit einer Recruiterin, die ich bei dem Karrieretag meiner Uni kennengelernt habe. Bei diesem Gespräch und davor, was ich so gestresst, dass mir dabei der Schweiß von der Nase getropft ist. (Gelächter) Sehr unangehm!

Aber das war definitv krankhaftes Schwitzen. Ich schwitze normalerweise auch etwas doller, aber so war das schon extrem.

Aber wie gesagt, dass schlimmste am Stress ist das Abflachen der Stresskurve und wenn man einfach die Quittung des Körpers bekommt, dass man nicht auf ihn gehört hat und dessen Signale ignoriert hat. Plötzlich sitzt du einfach ganz unten in deinem tiefen schwarzen Loch und fühlst dich müde, erschlagen und einfach kaputt.

Wenn ihr mal merkt, dass ich nach einer stressigen Phase in solch ein Loch fallt oder beim Urlaub direkt erstmal krank werdet, dann müsst ihr definitiv etwas ändern.

Vielleicht habt ihr auch schon mal etwas von dem Begriff Burnout („ausgebrannt“) gehört – Der Körper kapituliert. Ich war 22 Jahre jung bei meinem ersten Burnout. Ich kann euch versichern, dass dieses Ereignis, bzw. der schleichende Prozess euer Leben komplett verändern wird. (Aber nicht zum guten!)

Bevor es soweit kommt, hört auf euren Körper! Sagt Nein, wenn ihr überlastet seid!

Me-Time! Egal ob 20, 60 oder 90 Minuten in der Woche. Es ist ganz wichtig sich feste Zeiten für sich einzuplanen und mal nicht an die Arbeit oder Probleme zu denken. Etwas tun, was einem Spaß macht, worauf man Lust hat oder etwas was einen wieder runterbringt. Hauptsache du fühlst dich gut!

Reminder | mind me

Mia: Du hattest ja jetzt gesagt, dass die Tage nach dem Stress schlimmer sind, als der eigentliche Stress. Kannst du dazu was erzählen? Wie du dich gefühlt hast? Und vielleicht auch wie du da wieder rausgekommen bist.

Hannah:  Ich erkläre gerne das schwarze tiefe Loch einmal. Ich nehme euch dafür einmal in einen Moment mit. Wir nehmen jetzt mal an, dass die vorherigen Tage sehr stressig für mich waren. Ich musste allen meinen Freund:innen gerecht werden und habe mir viel Arbeit aufgenommen. Der nächste Tag verläuft dann so:

Ich wache auf und fühle mich direkt schlecht. Neben quälenden Kopfschmerzen, werde ich gar nicht so richtig wach. Ich kann meine Augen kaum öffnen und spüre direkt, dass mein Immunsystem arbeiten, denn meine Lymphknoten am Hals sind wiedermal angeschwollen. Wenn ich mich dann aus dem Bett gequält habe, schaue ich in den Spiegel und das einzige was ich sehe ist blasse Haut mit dunkeln Augenringen. Und desto näher ich an den Spiegel gehe, desto glasiger erscheinen mir meine Augen.

Dabei sind mein Gedanken, die ganze Zeit gleich: Wie soll ich eigentlich den heutigen Tag bestreiten? Warum habe ich nicht auf die Signale meines Körpers gehört?

Den ganzen Tag fühle ich mich sehr schwach und als würde mich nichts wach machen. Meist greife ich dann auch zu ungesundem und fettigem Essen und habe unglaublich Heißhunger auf Süßigkeiten.

Natürlich sollte man seinem Körper nach einer stressigen Zeit eigentlich was gutes tun und sich gesund ernähren, aber das klappt einfach an den Tagen nicht. Meistens werde ich dann auch krank, bekomme eine verschnupfte Nase oder Fieber. Oft besuchen mich dann auch Enzündungen im Körper, wie Blasenenzündungen. Alles kommt dann durch.

Mia: Das habe ich auch schonmal von einer Freundin gehört, die am Ende ihrer Prüfungsphase war. Danach war sie auch erstmal angeschlagen, aber ich wusste nicht, dass es so heftige Auswirkungen hat.

Hannah: Wie gesagt, wenn dass so krass wie bei mir ist, dann ist es meistens auch schon ein wenig zu spät. Dann ist deine Freundin wahrscheinlich auch eher eine Person, die zu wenig auf die Signale ihres Körpers gehört hat.

Mia: Du hast uns ja nun ausführlich erzählt, wie es dir mit Stress geht und was das bei dir auslöst und wie die Tage danach für dich sind. Aber wie kommst du denn aus dem schwarzen Loch wieder raus? Hast du da Tipps für uns?

Hannha: An so einer Geschichte gibt es auch immer eine Kehrseite – also tolle Sachen. Man kann tatsächlich lernen damit umzugehen. Tipps die mir geholfen haben, waren auf jeden fall:

-Ich soll auf meinen Körper hören – er sendet dir auf jeden Fall Signale. Zum Beispiel wenn du Unwohlsein im Magen oder Brustenge hast, dann sagt dein Körper dir: „STOPP, hier ist etwas nicht richtig.“

-Aktiv angstbereitende Sitationen aufsuchen, damit man sieht, dass die Situationen oft anders ablaufen, als wir sie in unseren Köpfen zurechtlegen.

-Sport treiben und Bewegen. Das hat mich echt gerettet. Ich weiß, dass man sehr oft keine Lust und Kraft dazu hat, aber durch die Bewegung wird Adrenalin und Cortisol abgebaut.

-Sich mit dem Thema Achtsamkeit auseinander setzen. Die schnellebige Gesellschaft fördert den Stress und das Achstsam sein entschleunigt.

-Sich klar machen, dass nach guten Phasen auch wieder schlechte Phasen kommen können. Also immer weiter auf sieinen Körper hören!

Mia: Wie gehst du denn in Zukunft damit um? Wird sowas im Laufe der Zeit auch nochmal weggehen oder besser?

Hannah: Schwierge Frage. Ich denke schon, dass ich mein ganzes Leben damit zu tun haben werde. Aber ich denke, es ist eine Kurve die stetig und langsam fällt, wenn ich an mir arbeite. Also ich denke schon, dass ich immer auf Stress reagieren werde, aber im Laufe der Zeit anders damit umgehen kann. Ich lerne so etwas auch in der Therapie, aber auch zuhause versuche ich mich täglich zum Sport zu ermutigen, mich gesund zu ernähren, achtsam zu sein oder zu meditieren. Ich versuche mich täglich darüber zu informieren, was Stress fördert oder eben auch abbaut.

Wenn ich weiter an mir arbeite, komme ich wahrscheinlich bald sehr gut damit zurecht. Dinge die mich dann vor fünf Jahren gestresst haben, werden mich dann kaum noch stressen.

Mia: Das hoffe ich auch für dich. Ich bin genauso mit meinen Problemen umgegangen. Das ich mich denen dann gestellt habe und daran auch wirklich gewachsen bin. Jetzt kann ich mit den Situationen auch viel besser umgehen. Wie dein Therapeut auch schon sagte, unsere Phantasie ist meist viel schlimmer, als die eigentliche Situation.

Hannah: Das ganze Thema hat natürlich auch viel mit Angst zu tun. Über Angststörungen wollen wir auch noch sprechen, denn das ist natürlich etwas was den Stress fördert.

Mia: Wenn du in stressigen Situationen bist, redest du dann auch mit Freund:innen oder Bekannten darüber und wie reagieren die darauf?

Hannah: Also in dem Moment, wo die Situation da ist rede ich eher mit niemandem, weil es mir unangenehm ist. Ich versuche das immer etwas zu verbergen. Aber ich habe auch gelernt, es schon mal auszusprechen. Dann sage ich sowas wie: „Ich fühle mich gerade unwohl.“ oder „Ich fühle mich gerade sehr gestresst, können wir einen Spaziergang machen?.“ Ich habe jedoch auch Menschen in meinem Umfeld gehabt, die mit absolutem Unverständnis auf das Thema reagiert haben. Ich war eine kurze Zeit arbeitslos nach meinem Studium, weil ich in der Coronakrise keine Jobs gefunden habe. Da haben Personen mich gefragt, wieso ich denn bitte gestresst sei, wenn ich arbeitslos bin. Aber natürlich gab es viele Faktoren die mich gestresst haben.

Ich hätte einfach nur heulen können, bei solchen Aussagen. Ich find das nichtstun auch sehr stressig sein kann. Man möchte ja arbeiten oder produktiv sein, aber man findet nichts.

Mia: Ich bin geschockt, dass es Menschen gibt, die mit so wenig Sensibilität reagieren. Auch wenn diese Personen nicht diese Probleme mit Stress haben, kann man da ja mit ein bisschen mehr Gefühl rangehen. Vorallem wenn du schon deine Gefühlslage offenbarst.

Hannah: Genau! Und ich habe tatsächlich Probleme damit meine Gefühlslage zu äußern. Ich musste das erlernen.

Mia: Das weiß ich, hehe.

Hannah: Das muss man einfach lernen. Das würde man zum Beispiel auch in einer Therapie lernen, wie man damit umzugehen hat. Natürlich auch, dass man auf seinen Körper hören soll und das man mit seiner Umgebung reden soll. Man soll kommunizieren, wie es einem geht. Dann kann der andere ja auch viel besser drauf eingehen.

Mia: Kommunizieren ist super wichtig!

Hannah: Was mir ganz wichtig ist: Stress hat mich krank gemacht und es hat mich soweit getrieben, dass ich in der Notaufnahme lag. Ich musste Tabletten gegen einen zu schnellen Puls einnehmen und muss nun mit einer chronischen Gastritis leben. Dauernd hatte ich Entzündungen in meinem Körper, weil mein Immunsystem am seidenen Faden hing. Der Stress greift den Körper an. Meine Darmflora wurde aus der Balance gebracht, dass andere Schwierigkeiten noch auf mich zu kamen. Mir ist das Thema deshalb sehr wichtig!

Ich hoffe es gab euch einen kleinen Einblick in das Leben einer sehr gestressten Person. (Gelächter)

Mia: Vielen Dank, dass du das mit uns geteilt hast und auch mir gezeigt hast, dass Stress manche Menschen einfach härter trifft und dadurch auch Langzeitfolgen entstehen können.

Hannah: Fresst den Stress nicht in euch hinein. Sprecht mit jemandem drüber oder wendet die Methoden an die ich genannt habe. Das ist ganz wichtig. Hört auf euren Körper.

Auch zu diesem Thema habe ich einen netten Fakt rausgesund. Die Technische Krankenkasse führt regelmäßig Studien zum Thema Stress durch. Leider sind die Daten aus 2016, aber ich finde das kann man trotzdem gut vergleichen zu den Daten aus 2013. Da ist nämlich eine steigende Tendenz, wie oft die Menschen sich gestresst fühlen. Das ist bestimmt nochmal ordentlich gestiegen bis 2020. Außerdem gibt es tatsächlich Unterschiede bei dem Geschlecht. Der Hauptstressfaktor für Männer ist die Arbeit (54%). Bei den Frauen ist der Hauptstressfaktor die Ansprüche an sich selber (48%). Bei den Männern liegen die Ansprüche an sich selber bei 37% und bei Frauen liegt die Arbeit mit 39%.

Da erkenne ich mich persönlich auch wieder. Ich habe ja auch so hohe Ansprüche an mich selbst.

Mia: Der hohe Selbstanspruch passt auch perfekt zu unserer vorherigen Folge. Lest euch gerne auch mal in die Folge „Verzerrte Wahrnehmung“ ein.

Hannah: Das passt sehr gut. Durch meine Geschichte kann man gut sehen, was für hohe Ziele ich mir gesetzt habe. Da bin ich auch erstmal schön dran zu Grunde gegangen. (Gelächter)

Mia: Auch diese Folge möchten wir euch Telefonnummern mit an die Hand geben, wo ihr euch beispielsweise melden könnt, wenn ihr an einem Burnout oder sehr hohem Stress leidet. Es gibt den Deutschen Bundesverband für Burnout-Prophylaxe und Prävention e.V.. Das ist keine akute Anlaufstelle. Die Telefonnummer ist 089 – 215 394 44 und die Email ist office@dbvb.org.

Wenn ihr akute Probleme habt und ihr euch jemandem anvertrauen möchtet, dann könnt ihr euch rund um die Uhr bei der Telefonseelsorge melden. (Tel.: 0800 111 0 111)

Hannah: Dazu haben ich noch ein Buchtipp für euch. Wenn ihr das Gefühl habt, etwas ändern zu müssen. Dann schaut mal in „Das Cafe am Rande der Welt“. Kurzweilig und nur 130 Seiten.

Dann kommen wir auch zum Ende. Achtet auf eure Mitmenschen und bietet auch mal das Ohr an. Achtet aufeinander.

Mia: Ganz wichtig. Vielen Dank fürs Zuhören! Bis dann

Hannah: Tschüss.

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